Um diesem eisigen Winter ein wenig die Schärfe zu nehmen, ist das Kaleidoskop an Farben die der Fasching hervorzaubert, genau das richtige Rezept, ganz besonders, wenn er im blendenden Licht von Apulien statt findet. Denn genau in dieser Gegend, der unteren „Murgia“ (Kalkhochebene der Murgen) hat bis heute eine der ältesten Fastnachtstraditionen Europas überlebt, die von Putignano in der Provinz von Bari.
Nach der Überlieferung geht der Karneval von Putignano auf das Jahr 1394 zurück, als die Kavaliere von Malta die Reliquie des Heiligen Stefan des Märtyrers dorthin brachten. Bei ihrer Ankunft wurden sie von Bauern in Empfang genommen, die ihre Gesichter mit Mehl bestäubt hatten und sich in Mundartversen „Propaggini“ (Gstanzl-Sänger) über das Leben und die den Jahreskreis betreffenden Ereignisse lustig machten. Dies war der Anfang der „Propaggini“ in Putignano, hier wurden sie geboren und gelten auch heute noch als der Höhepunkt des Karnevals. Vorsorglich fängt das Fest bereits am 26. Dezember an. Dann nämlich spendet die Bevölkerung der Kirche eine Kerze und bittet mit diesem symbolischen Akt um die Vergebung aller Sünden, die während der Faschingszeit begangen werden.
Auf keinen Fall sollte man den prächtigen Karnevalszug versäumen, dessen Wagen alle von lokal ansässigen Handwerkern gestaltet werden. Am Faschingsdienstag schließlich findet die Beerdigung des Karnevals statt. Ein langer Zug maskierter Bürger zieht durch die Straßen von Putignano und beendet mit einem letzten Fest voller Fröhlichkeit und Ausgelassenheit den Fasching.
Keine 40 km weiter liegt in der Provinz von Taranto das pittoreske Städtchen Massafra. Hier gibt es für den Karneval nur ein Wort: Mitmachen! Ganz gleich ob Bürger oder Touristen, keiner soll nur dabeistehen, alle werden einbezogen in das Fest der Umzüge, die durch die Hauptstraße von Massafra führen und damit der Freiheit des Feierns keine Grenzen gesetzt sind, gibt es keinerlei Absperrungen: Allenthalben entwickelt sich eine bunte Girlande aus Musik, allegorischen Wägen, Theater Aufführungen für Kinder, Kost- und Weinproben der lokalen Küche und sogar Kurse für die Arbeit mit Pappmaché.
Wir aber verlassen die Provinz von Taranto und begeben uns in das Salent , um am Karneval von Gallipoli teilzunehmen, der seit 1954 in dieser wunderschönen Stadt in der Provinz von Lecce die Gemüter erfreut. Wenn Sie den Karneval lieben, sollten Sie Gallipoli auf jeden Fall besuchen, schon wegen folgender Besonderheit: Begleitet von Masken, Umzugswägen und Konfettiregen, wird alljährlich des Soldaten„Lu Tidoru“ gedacht. Er war wegen des Karnevals in seine Heimatstadt zurückgekehrt. Weil aber auf den Fasching die Fastenzeit folgt, aß und trank er vorsorglich sehr viel, sodass er schließlich daran erstickte und also starb. Und so erinnert ein Leichenzug mit viel falschen Tränen und echtem Gelächter, eine theatrale Darbietung, wie sie nur der Fasching hervorbringen kann, noch heute an ihn.
Und weiter geht es, es gibt noch vieles zu entdecken, z.B. in der Provinz Foggia den Carnevale Dauno di Manfredonia. Wie jeder Karneval, hat auch dieser seine Eigenart. Von jeher wird in Manfredonia die Zeit der Narren mit Kunst verbunden. Alle zusammen, gleich ob Kinder oder Erwachsene sind bei einem Wettbewerb eingeladen, ihrer Kreativität über die Schiene der bildende Kunst Ausdruck zu verleihen. Das Programm ist reichhaltig: Sketche, Possen, Poesie, Tanz, Animation, Schneiderwerkstatt, Majorettes, Workshops zu bestimmten Themen, Karnevalsliedersingen, Fotoausstellungen und Akrobaten, Spaß für jeden Gusto, ob der Kleinen oder der Großen.
Schön ist auch der stimmungsvolle Karneval von Poggio Imperiale, ebenfalls in der Provinz von Foggia. An der Erstellung der allegorischen Wägen nimmt die gesamte Bevölkerung teil. Und, ein wenig ähnlich wie bei uns in Deutschland, werden zum allgemeinen Gaudium Politiker und Prominente aufs Korn genommen, während man durch die Straßen der Stadt zieht, um am Ende, so ist es Tradition, in der Piazza zu tanzen.
Mit andren Worten: Auf geht’s in den italienischen Karneval, mit einem lustigen Faschingskostüm und viel gutem Humor. Lassen Sie sich entführen in die vielen Feste, die je nach Ort immer anders sind, aber eines gemeinsam haben: Viel Spaß!
Wussten Sie, dass....?
Die kreative Phantasie der Bewohner von Gallipoli findet nicht nur im Karneval ihren Ausdruck. Sie blüht während des ganzen Jahres und hat den Anstoß für
viele volkstümliche Geschichten, Folklore und stimmungsvolle Bräuche gegeben. Einer davon findet in der Zeit vor Ostern statt und ist recht eigenwillig: In den 40 Tagen der Fastenzeit, wird die Schablone einer weiblichen Figur mit dem Namen Caremma mit Trauerkleidung dekoriert und in die Fenster der Häuser gehängt. Zu Füssen einer jeden Caremma hängt eine Orange, in der 7 Kapaunfedern stecken. An den folgenden 7 Sonntagen wird je eine Feder herausgezogen. Schließlich wird die Caremma an Ostern mit Schwarzpulver angezündet und in Form einer kleinen Explosion verbrannt. Symbolisch deutet man dies als Wiedergeburt bzw. Wiederauferstehung nach einer Zeit des Leidens.